Allgemein Praxistipp

Zum Umgang von Non-Profit-Organisationen mit der Digitalisierung

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf Wirtschaft und Gesellschaft sind spürbar und machen auch vor dem Non-Profit-Sektor keinen Halt. Denn die Digitalisierung ist auf der einen Seite Auslöser und Beschleuniger gesellschaftlicher Veränderungen, die Non-Profit-Organisationen zeitgemäß adressieren müssen. Auf der anderen Seite bieten digitale Technologien Non-Profit-Organisationen die Chance, effizienter, effektiver und damit wirkungsvoller zu arbeiten und ihre Klienten/Kunden zu erreichen.

  • Wie aber nutzen Non-Profit-Organisationen bisher die Potenziale digitaler Technologien?
  • Wie gehen sie mit digitalem Wandel?
  • Wie veränderungsfähig sind sie?

Das sind einige der Fragen, die die Studie Digitalisierung in Non-Profit-Organisationen – Strategie, Kultur und Kompetenzen im digitalen Wandel“ aus Dezember 2017 diskutieren und beantworten möchte. Die Studie ist ein gemeinsames Projekt mehrerer Organisationen, die sich für die Digitalisierung im Non-Profit-Sektor einsetzen. Sie wird getragen von der Stiftung WHU, Capgemini und der Haniel Stiftung und wurde durchgeführt vom betterplace lab, der WHU – Otto Beisheim School of Management, der CXP Group und fibonacci & friends. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen und der Stifterverband haben die Studie inhaltlich begleitet.
Lesen Sie hier einige Ergebnisse der Studie in der Zusammenfassung.


Die Autoren stellen fest, dass es bisher kaum belastbare empirische Daten zu diesen Fragen gibt. Das soll die Studie ändern und eine erste Basis für eine weitergehende Auseinandersetzung mit dem Thema liefern. Dabei gehen die Autoren von der Grundannahme aus, „dass der durch Digitalisierung ausgelöste Wandel – und damit auch der Veränderungsbedarf von Non-Profit-Organisationen – weit über die Nutzung neuer Technologien und Daten hinausgeht. So erfordert die zunehmende Veränderungsdynamik Anpassungen in Kultur und Arbeitsweise innerhalb der Non-Profit-Organisationen, um auf den Wandel konstruktiv reagieren zu können. Etablierte Organisationsstrukturen und interne Prozesse müssen ebenso kritisch hinterfragt werden wie die eigene Strategie als Antwort auf die Digitalisierung der Gesellschaft, z. B. in Bezug auf Organisationszweck, Fördermodelle und gesellschaftliche Wirkung. Neben der häufig im Fokus stehenden Kommunikation über digitale Medien erfordert die digitale Transformation der Non-Profit-Organisationen mithin eine kritische Auseinandersetzung mit allen Veränderungsfeldern der Digitalisierung.“ (S. 7)

Zusammenfassung der Ergebnisse (S. 4 ff.)

  • Einerseits bietet die Digitalisierung und digitale Technologien ganz neue Möglichkeiten, um z.B. zivilgesellschaftliches Engagement zu fördern, mit der Zielgruppe zu interagieren, sich weltweit zu vernetzen und ihre eigene Arbeit effektiver und wirkungsvoller zu gestalten. Andererseits stehen Non-Profit-Organisationen vor einer tiefgreifenden Veränderung, wenn sie die Chancen der Digitalisierung für sich nutzen wollen. Sie sollten dazu nicht nur ihren Umgang mit den (neuen) Technologien verändern, sondern auch bereit sein, ihre eigenen Organisationsstrukturen und Prozesse, ihre Kultur und Arbeitsweise sowie ihre Ausrichtung und Strategie konsequent auf den Prüfstand zu stellen.
  • Digitalisierung wird im Non-Profit-Sektor oft gleichgesetzt mit der Nutzung digitaler Tools, insbesondere im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit (Social Media und Co) und für die Erledigung administrativer Aufgaben. Laut Einschätzung der Autoren unterschätzen dabei viele Befragte dagegen die Bedeutung struktureller und prozessualer Veränderungen
    für die eigene Organisation, die durch Digitalisierung angestoßen werden. Dazu zählt etwa die Entwicklung neuer Organisationsformen im Non-Profit-Sektor, aber auch die Art und Weise, wie sich Spenderverhalten oder ehrenamtliches Engagement in den kommenden Jahren verändern werden.
  • Rund 70 % der Befragten halten die Möglichkeit, über digitale Tools administrative Aufgaben (wie etwa die Mitglieder- oder Spendenverwaltung) effizienter abwickeln zu können, für sehr relevant für ihre Organisation. Allerdings ist nur ein Viertel der Organisationen gut auf diese Entwicklung vorbereitet. Hier gibt es offensichtlich noch einen ganz erheblichen Handlungsbedarf.
  • Insgesamt sollte der grundlegende Wandel, der durch die Digitalisierung hervorgerufen wird, in der übergreifenden Strategie von Non-Profits eine wichtige Rolle spielen. Die Digitalisierung gehört als relevanter Faktor auf die strategische Agenda.
  • Auffallend ist, dass kleine und junge Organisationen sehr viel aktiver die anstehenden Veränderungen angehen als die großen und etablierten. Hier erscheint es sinnvoll, stärker in den Austausch zu gehen und voneinander zu lernen.
  • Offenbar hat Digitalisierung in vielen Organisationen noch nicht die notwendige Priorität, dass dafür auch ausreichende finanzielle, personelle und zeitliche Ressourcen zur Verfügung gestellt würden. Dabei erdordert die Digitalisierung umfassende Anpassungen in Strategie, Organisation, Prozessen, Kompetenzen, Arbeitsmethoden und Kultur.
  • Alarmierend erscheint den Autoren, dass vor allem operativ arbeitende Organisationen, deren direkte Projektarbeit oft erheblich von Digitalisierung profitiert und eine größere Wirksamkeit entfalten könnte, keine ausreichenden Mittel für Digitalisierung freistellen.
  • Die Ergebnisse zeigen, dass ein Großteil der Führungskräfte, die Mehrzahl der Mitarbeiter und der ganz überwiegende Teil der Gremien und großen Geldgeber aus Sicht der Befragten nicht besonders technologie-affin und auch nicht sonderlich offen für Veränderungen zu sein scheinen. Für die Digitalisierung des Non-Profit-Sektors sind das keine guten Voraussetzungen. Denn Digitalisierung erfordert die Bereitschaft und den Willen, sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen und Veränderungen offen gegenüberzutreten.
  • Die Ergebnisse weisen insgesamt auf einen deutlichen Mangel an Digital-Kompetenz im Non-Profit-Sektor hin. So haben beispielsweise nur etwa 30 % der Organisationen gute oder sehr gute Kenntnisse über digitale Produkte und Online-Tools für Non-Profits. Jeder zweite Befragte bescheinigt seiner Organisation mangelnde Kenntnisse im Bereich der Wirkungsanalyse
    oder beim Online-Fundraising.
  • Vor allem die geringen Kompetenzen im Bereich agiler Methoden, wie beispielsweise Scrum oder Design Thinking, stimmt nachdenklich, ebenso wie der vergleichsweise gering eingeschätzte
    Bedarf, sich hier weiterzubilden. Offenbar ist vielen Befragten nicht hinreichend bewusst, dass angesichts der zunehmenden Veränderungsdynamik klassische Planungsansätze immer stärker an ihre Grenzen stoßen und durch agile, iterative Vorgehensmodelle ergänzt werden müssen, um effektiv arbeiten zu können.

Fazit und Empfehlungen (S. 40-41)

Zum Abschluss der Studie geben die Autoren folgende Empfehlungen:

  • Die Chancen der Digitalisierung für eine höhere Wirksamkeit der eigenen Arbeit wird scheinbar bisher nicht als groß genug eingeschätzt, um für die Veränderungen auch entsprechende finanzielle Mittel bereitzustellen. Gleichzeitig wird offenbar die Tragweite des Veränderungsbedarfs und der Geschwindigkeit, mit der sich dieser Wandel vollzieht, unterschätzt. Es gilt daher, das Bewusstsein für die Dringlichkeit und den Umfang von Veränderungen bei den Entscheidungsträgern und Mitarbeitern der Non-Profit-Organisationen zu
    stärken.
  • In vielen Non-Profit-Organisationen sind die Kompetenzen, die für eine erfolgreiche Digitalisierung nötig sind, nur unzureichend vorhanden. Hilfreich wäre ein einheitlicher Überblick über die verschiedenen Weiterbildungsangebote für Non-Profit-Organisationen der unterschiedlichen Anbieter.
  • Gerade große, etablierte Organisationen sind oft wenig flexibel und anpassungsfähig. Dabei ist es essenziell zu verstehen, dass die wichtigste Basis für erfolgreiche Veränderungen nicht technische Faktoren sind, sondern die Fähigkeit, die Menschen innerhalb einer Organisation für Veränderungen zu begeistern und sie den Wandel aktiv mitgestalten
    zu lassen. Eine besondere Rolle spielen dabei in der Regel die Führungskräfte einer Organisation.
  • Die Analyse zeigt, dass kleine und vor allem junge Non-Profit-Organisationen oft über bessere digitale Kompetenzen verfügen, agiler arbeiten und digitale Tools trotz – oder vielleicht auch wegen – einer schlechteren IT-Ausstattung intensiver nutzen. Sie sind oft technologie-affiner und veränderungswilliger, Entscheidungen werden häufig schneller getroffen und Mitarbeiter
    arbeiten öfter selbstorganisiert. Große, etablierte Organisationen sollten daher stärker in den Austausch mit jungen, innovativen Organisationen gehen, sich von ihnen inspirieren lassen und in Bezug auf Digitalisierung von ihnen lernen.

Autoren der Studie: Nicole Dufft, Peter Kreuter, Stephan Peters, Frieder Olfe 
Quelle: http://www.betterplace-lab.org/de/digitalisierung-von-non-profit-organisationen/, abgerufen am 15.01.2018